Ich bin Studierender. Allein das Wort schon. Was ist aus den guten alten Studenten geworden? Die mit den langen Haaren, zu viel Zeit, zu wenig Geld, dafür voll mit politischen Idealen? Warum darf der bürokratisierte Mensch an der Uni von heute nicht mehr Student heißen. Ist Studierender wirklich geschlechtsneutraler? Ich bin ja an sich ein großer Freund der Gleichberechtigung, aber wenn es um Sprache geht werd‘ ich sensibel. Ich möchte morgens meiner Freundin nicht die Salzstreuerin reichen müssen. Student, das hatte mal was mit Rebellion zu tun, und mit Zeit. Viel Zeit. Mit revolutionärem Gedankengut. Inzwischen ist studieren ein Teil des Business geworden. Wir werden hin gedrechselt, damit wir dann auch gut Kopf voran in den Managerarsch hinein gleiten können. Effizientes Studium, eine traurige Floskel. Nicht umsonst heißt der Bachelor-Abschluss übersetzt Junggeselle. Bleibt ja nicht mehr viel Zeit, sein Leben zu leben, oder in Ruhe zu studieren um sich wirklich vielfältiges Wissen anzueignen, oder Menschen kennenzulernen. Bei uns auf dem Campus hängen ein paar schöne Plakate. „Ich studier Diplom, du Opfer“, steht da drauf. Wahre Worte. Ich hab noch gar nicht gesagt was ich studiere, mag vielleicht dem ein oder anderen aufgefallen sein. Ich studiere ein Fach, das einen nicht gleich zum Mittelpunkt auf Partys macht, muss ich gestehen. Ich bin Informatiker. Wenn ihr euch mal mit einer Frau unterhaltet, sagt diesen Satz mal ohne zu lachen, ihr könnt mir glauben, der Gesichtsausdruck ist es wert. Ich würde sagen, der Blick dürfte dem ähneln, den man bekommt, wenn man ihr mitteilt dass man TBC und Hepatitis B gleichzeitig hat. Irgendwie nicht direkt begeistert. Informatiker, das sind doch diese bleichen, lebensfeindlichen Menschen, die nicht gut mit Frauen können, den ganzen Tag World of Warcraft spielen und sich nur über Dinge unterhalten die normale Menschen nicht verstehen. Das mag ein Klischee sein, aber um ehrlich zu sein umschreibt es viele meiner Kommilitonen nicht allzu schlecht. Mein Unwort des ersten Semesters war deshalb „Linux-Installations-Party“. Ich beschreibe das jetzt nicht genauer, es darf sich jeder selber ausmalen, wie man diese drei Wörter in ein Zimmer kriegen soll. Es war auf jeden Fall kein Synonym für eine Schaumparty mit halbnackten Blondinen.
Interessanterweise haben sich die meisten allgemeinen Studentenklischees ja bis heute gehalten. Zum Beispiel, dass Studenten grundsätzlich kein Geld haben. Wobei ich das teilweise bezweifeln möchte, wenn ich mir den Notebook-Urwald in einer durchschnittlichen Vorlesung bei uns angucke. Gut, viele Informatiker beschränken ihr Restleben ja angeblich auf die Telefonate mit dem Pizzaservice, da hat man dann selbst in Berlin genug Geld für neue Technik. Vielleicht sollte man eine Frauenquote für Informatik einführen, dann würde da bestimmt Leben in die Bude kommen. Allerdings wäre so eine Quote auch nur da eine gute Idee. In Politik und Wirtschaft wäre ich ja mal für eine vollkommene Kompetenzquote zu haben, das würde vermutlich einiges ändern. „Bei gleicher Qualifikation werden Frauen und Behinderte bevorzugt.“ Das ist für mich der diskriminierendste Satz, den ich je in einer Stellenbeschreibung gelesen habe. Ich denke, der bessere gewinnt wäre doch mal eine schöne These. Wobei besser wirklich nur fachlich besser bedeuten sollte, sonst könnte auch das schon wieder diskriminierend werden. Gab es eigentlich irgendwann eine Bewegung für Männerrechte? Sollten die dann nicht Mario Barth verbieten? Oder vielleicht versuchen, technische Studiengänge nach außen hin attraktiver zu gestalten.
Kaum jemand weiß ja zum Beispiel wirklich, was Informatiker so den lieben langen Tag machen. Nur, dass das die mit den Nullen und den Einsen sind. Ich werde das hier auch nicht weiter erklären. Das ist ähnlich wie Sexspielchen mit einer Reitpeitsche. Das mag schön sein, aber definitiv nicht für jedermann, deswegen sollte man auch nicht versuchen anderen die Vorzüge davon zu erklären.
In Anlehnung an den Berliner Bürgermeister bleibt mir da trotz allem nur zu sagen: Ich bin Informatiker, und das ist gut so…