Gedichte (190) – Links sein – nichts tun

Links sein – nichts tun

Politisch bin ich lange schon
In Worten, in Gedanken
Manchmal auch im Einkaufswagen
Doch danach folgen Schranken

Hab lange nicht mehr demonstriert
Politisch nichts gerissen
Nirgendwo je kandidiert
Und ein schlechtes Gewissen

Ich bin links und sag es auch
Doch ändern wird das nichts
Der Zwiespalt wird verarbeitet
In Form eines Gedichts

Das Gewissen wird gefüttert
Faulheit siegt, die Taten ruhen
Ich komme mir politisch vor
Und muss dabei nichts tun

Gedichte (189) – Nahrungsmitteldichterei

Nahrungsmitteldichterei

Es war ein Montag, nicht mein Tag
Ein Tag wie ich ihn gar nicht mag
Viel zu tun und wenig Muße
Ich brauch auf, wie stets zu Fuße
Gurkte einfach so herum
Fühlte mich unnütz und dumm
Alles Käse, mir doch Wurst
Ich spürte in mir einen Durst
Und eierte zum Edeka
Hunger war kein bisschen da
Wollt‘ keine Feinkost von der Küste
Keine fleischlichen Gelüste
Kein Interesse an Melonen
Nur etwas Orangenhaut
Hab ich ganz kurz angeschaut

Ich verließ den Supermarkt
Frag mich wer hier so blöd parkt
Hat wohl Tomaten auf den Augen
Fahrkünste die zum Laufen taugen
Von Feingefühl nicht mal ein Hauch
Was ist das denn für ein Lauch
Er hörte das, nannte mich Streber
Die beleidigte Wurst von der Leber
Was ich da sage sei nur Quark
Ich wünscht‘ ihm einen guten Tag

Weiter ging ich unbeschwert
Am Parkplatz äpfelte ein Pferd
Die Äpfel warm und heiß begehrt
Bei den lokalen Fetischisten
Die sich gern und nicht vor Lachen bepissten

Abgelenkt fiel ich aufs Knie
Es zwiebelte so fies wie nie
Aus meinem Rucksack tropfte Sahne
Doch auch das war mir Banane

Gedichte (188) – Origami

Hallo zusammen,

das folgende Gedicht war ein Themengedicht für den Dichtungsring vom April 2017.

Viele Grüße
Arno


Origami

Am Anfang war Papier
Das war schon lange hier
Ich war allein
Und da war Bier

Und da sie in meinem Leben
Sowieso zum Vorschein streben
Trank ich schnell vom Bier, dem kalten
Und begann mit falten

Falten ist und sind in meiner Welt
Auf Sieg und Vormarsch eingestellt
Wie vor langer Zeit nun schon
Der gute Herr Napoleon

So saß ich da, trank ein paar Bier
Und faltete Papier
Mit Rückenschmerz und müden Knochen
Übte ich Tage und Wochen
Ich war ein alter Falter
Mein Frust war ein geballter

Es wurd‘ gebastelt und geknickt
Mit der Zeit auch ganz geschickt

Ich schuf zunächst manches Banale
Tiere und Fingerskateboardrampen
Irgendwann dann eine ganze Steuerzentrale
Mit Schaltern und Lampen
Ich schaltete und waltete
Und faltete

Dann eine neue Wohnung, ein neues Bett
Ein Ofen, eine Pfanne, ein gutes Schweinskotelett
Alles ward gefaltet, schließlich gar ein Puter
Und ich sah, dass es gut war.

Gedichte (170) – Abgestillt

Abgestillt

Der kleine süß lachende Knilch
Nun frei von jeder Muttermilch
Isst jetzt sehr gerne Brot und Brei
Und feinstes Nudelallerlei

Die Mutter kriegt die Freiheit wieder
Hat ihren Körper nun für sich
Sogar Abends hier und da
Ein wenig Freizeit- königlich

Einmal wöchentlich ist drin
Abende – Für jeden einen
Weggehen, Kino, sonstwohin
Der andere hütet die Kleinen

Die Freude ist jedes Mal groß
Und man genießt es – zweifellos
Nach ein paar Stunden denkt man meist
Langsam will ich wieder los

Gedanken zieht es heimwärts
Vermissen macht sich dann doch breit
Zuhause freut sich’s Elternherz
Über vertraute Viersamkeit

Ab ins Bett, es ist schon spät,
Man denkt bevor man schlafen geht
Wohin wir gehen, was wir auch tun
Das Elternsein wird nie ganz ruhen

Gedichte (169) – Ich wäre gerne ein Planet

Ich wäre gerne ein Planet

Ich wäre gerne ein Planet
Der im Weltall riesengroß
Sich fast nur um sich selber dreht
So wichtig und doch sorgenlos

Wenn ein paar Monde ihn umschwirren
Reflektieren Sonnenlicht
Astronauten sich verirren
Das kümmert den Planeten nicht

Er sieht wie die Sternlein stehen
Kann sie betrachten und studieren
Sind von ihm aus gut zu sehen
Er wird nicht krank, er kann nicht frieren

Zweifelt nie an seinem Können
Hat klare Zukunftsperspektiven
Muss sich keine Auszeit gönnen
Dreht sich in des Weltalls Tiefen

Kein Urlaub nötig und zur Nacht
Wird auch nie an Schlaf gedacht
Immer da, ganz selbstbewusst
Ja, auf Planet-sein hätt‘ ich Lust

Gedichte (168) – Ein junger Mann

Ein junger Mann

Leander ist ein junger Mann,
Der schon auf sich stolz sein kann,
So attraktiv und durchtrainiert
Die Bildung, die läuft wie geschmiert,

Er ist gar stolz drauf, wer er ist
Und welch‘ Land seine Heimat misst
Voll Stolz, ein Deutscher sein zu dürfen
Auf Papas Jacht Champagner schlürfen
Deutsch zu sprechen, deutsch zu denken
Er hofft irgendwann mitzulenken
Bei der Führung dieses Landes
Ganz klar für jemand seines Standes

Nur Fremde mag Leander nicht
Die sind doch alle drauf erpicht
Ins Land zu kommen, nichts zu tun
Auf unsere Kosten auszuruhen

Nicht nur Kultur, auch Anstand fehlt
Weil Arbeit für „die da“ nicht zählt
Nur Ausreden sind schnell zur Hand
Sowas gehört nicht hier ins Land

Es sollt‘ mehr wie Leander geben
So sieht das Leander eben
Er wollte schnell schnell bedeutend sein
Und trat in ’ne Verbindung ein

Leanders Wange schmerzt ein bisschen,
sie ziert ein nagelneues Schmisschen
Ein Sprichwort sagt zu solchen Fällen
’nen schönen Menschen kann nix entstellen

Jedoch um wahrhaft schön zu sein
reicht nicht dein Aussehen allein

Wie bei Leander, ihm sieht man
Seine Hässlichkeit nicht an.

Jack Rodman – der ganzen Wahrheit erster Teil (5)

Ich arbeite nach wie vor immer mal wieder für den Dichtungsring daran, meinen Roman „Jack Rodman“ als Gedicht umzuschreiben. Hier folgt nun Teil 5 der Erzählung.

Viele Grüße,
Arno


Jack Rodman – der ganzen Wahrheit erster Teil (5)

Überstürzt eilt er hinaus
Lässt alles stehen und liegen
Läuft verzweifelt aus dem Haus
Will seinen Schmerz besiegen

Schreibt seiner Freundin was er weiß
Das Schluss ist, schaltet’s Handy ab
Gedanken drehen sich im Kreis
Der Trennungsschmerz hält ihn auf Trab

Ab in die Kneipe mit Kollegen
Hoch die Tassen, rein das Bier
Zeit, sich auf- und abzuregen
Viele Stunden sind sie hier

Noch stark betrunken aufgewacht
Steht auf, so gut er eben kann
Es ist nun mitten in der Nacht
Tritt schwankend nun den Heimweg an

Er ist allein, es dauert lang
Doch als er endlich angekommen
Wird ihm plötzlich Angst und bang
Er sieht die Welt noch recht verschwommen

Der Anblick bricht das Monotone
Denn das was da so lodernd brennt
Ist eindeutig zweifelsohne
Was er seine Wohnung nennt

Da fällt’s ihm ein
Ist das zu fassen?
Er hat vor lauter Herzenspein
Den Herd beim Gehen schlicht angelassen

Vor dem Haus steht Feuerwehr
Und es zieht ihn nicht da hin
Denn zu erkennen fällt nicht schwer:
Da steht auch seine Ex-Freundin

Er will schnellstmöglich weg von hier
Dreht sich um und wankt zurück
Er will ganz dringend weg von ihr
Und wieder ins Kneipenglück

Ein paar Straßen weiter
Läuft er nun Tankstelle suchend
Alles andere als heiter
Laut über das Tagwerk fluchend

Wodkaflaschen nur im Sinn
Eine Straße überquerend
Schlurft unaufmerksam vor sich hin
Demnächst wird es für ihn verheerend

Schaut nur nach vorne, ganz fatal
Sein Blick getrübt vom vielen Klaren
Dabei wird er auf einmal
Von einem Pickup umgefahren

 

 

Gedichte (166) – Postkarte

Postkarte

Freundlich grüßen alle Leute
Im Ostseeurlaub hier und heute
Und es riecht hier gar so gut
Nirgends Geruch nach Urinal
Keine Partygängerflut
Kein verdreckter Stadtkanal
Die Busfahrer, die grüßen lachend
Und verzeihen falsches Drücken
Meckerlos die Tür zumachend
Man hilft anderen aus freien Stücken
Als Tourist wird man geschont
Alles hier ist ungewohnt

Berlin, nur ein paar Stunden bist du Weg
Die Straßen voll, die Luft voll Dreck

Nach nunmehr fast schon sieben Jahren
Bist du keine Fremde mehr
Fühlt sich an wie heim zu fahren
In deinen dichten Stadtverkehr

Bist oft nicht schön und bist nicht rein
tendenziell mehr groß als klein
Bist sonst so nah und heut so fern
Ach Berlin, ick hab dir gern

Gedichte (165) – Ich wäre gern berühmt und reich

Hallo allerseits,

endlich passiert hier mal wieder was. Ich war nicht untätig in letzter Zeit, habe den Blog aber recht stiefmütterlich behandelt. Wie man das eben so macht gelobe ich Besserung und hoffe, ich werde dem gerecht werden.
Euch allen ein schönes Wochenende,

Viele Grüße,
Arno


Ich wäre gern berühmt und reich

Ich wäre gern berühmt und reich
Mit Schloss und Pool und Karpfenteich

Hab ein Orchester ganz für mich
Das jeden Morgen planmäßig
Zur Weckzeit sicher und gezielt
Fluch der Karibik-Soundtracks spielt

Was mich reizt, kein Ding, ich tu’s
Millionen Likes und Klicks und Views
Wenn ich bei Youtube nur erzähle
Wie ich eine Kartoffel schäle

Bei Instagram gibt’s täglich Bilder
In denen ich mein Frühstück schilder
Welches Lokal mag ich grad sehr?
Wer fährt meinen Rasenmäher?
Wie war mein Schlaf wohl letzte Nacht
Was wohl meine Verdauung macht?

Welche Bücher mag ich nur?
Das sagt mir meine Agentur
Wär viel zu busy um zu lesen
Dank meiner eigenen großen Thesen

Mit 30 schreib ich, wild und frei
Biografie Numero drei
Das heißt, natürlich lass ich schreiben
Werd nur Tantiemen einverleiben

Lass stets den Pöbel für mich schuften
Für mein Wohl und den ausgebufften
Plan für meine Weltherrschaft
So weit reicht meines Geldes Kraft

Wär ich berühmt und gar so reich
Wie manch ein auserwählter Scheich
Entstünde eine Menge Mist
– Vielleicht ist es auch gut wie’s ist