Gedichte (188) – Origami

Hallo zusammen,

das folgende Gedicht war ein Themengedicht für den Dichtungsring vom April 2017.

Viele Grüße
Arno


Origami

Am Anfang war Papier
Das war schon lange hier
Ich war allein
Und da war Bier

Und da sie in meinem Leben
Sowieso zum Vorschein streben
Trank ich schnell vom Bier, dem kalten
Und begann mit falten

Falten ist und sind in meiner Welt
Auf Sieg und Vormarsch eingestellt
Wie vor langer Zeit nun schon
Der gute Herr Napoleon

So saß ich da, trank ein paar Bier
Und faltete Papier
Mit Rückenschmerz und müden Knochen
Übte ich Tage und Wochen
Ich war ein alter Falter
Mein Frust war ein geballter

Es wurd‘ gebastelt und geknickt
Mit der Zeit auch ganz geschickt

Ich schuf zunächst manches Banale
Tiere und Fingerskateboardrampen
Irgendwann dann eine ganze Steuerzentrale
Mit Schaltern und Lampen
Ich schaltete und waltete
Und faltete

Dann eine neue Wohnung, ein neues Bett
Ein Ofen, eine Pfanne, ein gutes Schweinskotelett
Alles ward gefaltet, schließlich gar ein Puter
Und ich sah, dass es gut war.

Rezension: Katinka Buddenkotte – Eddie muss weg

Hallo zusammen,

der erste Blog-Eintrag nach dem Domain-Wechsel von wordpress.com hin zu blog.arno-wilhelm.de – ich gelobe (wie immer) in Zukunft mehr zu posten. Ich habe das neue Buch von Katinka Buddenkotte mit dem Titel „Eddie muss weg“ rezensiert. Es war das erste Buch von Katinka, das ich gelesen habe. Davor kannte ich ihren Namen nur aus der Sendung ‚die Vorleser‘, die damals noch Jess Jochimsen moderiert hat. Da hat sie vor vielen Jahren mal den sehr großartigen Text ‚Fies vor Enden‘ vorgetragen. Er handelte davon, dass sie nichts zuende bringen kann. Der hat mir viel Spaß gemacht, insofern war ich gespannt auf den Roman und wurde nicht enttäuscht.

Die Rezension findet ihr unter: http://www.slammin-poetry.de/magazin/releases-katinka-buddenkotte-eddie-muss-weg

Habt eine schöne Zeit!

Viele Grüße
Arno

Gedichte (187) – Kinderliederquälerei

Kinderliederquälerei

Kinderlieder klingen wieder
Die von früher ich noch kenne
Das Kind hört sie in Dauerschleife
Statt dass ich die Flucht ergreife
Träum‘ ich, mein Trommelfell verbrenne

Doch anders als in Kindertagen
Kommt manch Gedanke, manche Fragen
Es dreht sich fix der Plattenteller
Ging manch ein Text nicht aktueller?

Weiß weiß weiß sind alle meine Kleider, weiß weiß weiß ist alles was ich hab.
Darum lieb ich alles was so weiß ist, weil mein Schatz ein Zahnarzt ist

Wer will fleissige Handwerker sehen? Der muss zu uns Kindern gehen.
Klein und fein, Klein und fein. Das iPhone wird bald fertig sein.

Im Märzen der Bauer die Rößlein einspannnt
Er setzt seine Felder und Wiesen in Brand
Die Versicherungssumme begeistert ihn sehr
Mit ehrlicher Arbeit läuft es nicht mehr

Hänsel und Gretel verliefen sich im Wald
Es war so finster und auch so bitter kalt
Gretel nahm ihr Smartphone – GPS hilft weit
Seitdem verlaufen die beiden sich zu keiner Tageszeit

Der Kuckuck und der Esel die hatten einen Streit, wer wohl am besten sänge, wer wohl am besten sänge
Dann planten die beiden und waren wieder froh
Sie gingen gemeinsam in eine Castingshow

Kommt ein Vogel geflogen, setzt sich nieder auf mein Fuß, hat weiße Kleckse hinterlassen, von ihm selbst kam der Gruß

Ich geh mit meiner Laterne und meine Laterne mit mir
Da oben leuchten die Sterne, hier unten brennen wir
Das Licht tret aus, ich will nach Haus
Rabimmel, rabammel, rabumm
Die Feuerwehr kommt auch gleich her
Rabimmel, rabammel, rabumm

Es regnet, es regnet, der Regen der stresst
Und wenn’s genug geregnet hat dann bin ich stets durchnässt

Es klappert die Mühle am rauschenden Bach
Bei Tag und bei Nacht war der Müller stets wach
Doch sowas schadet ja dem Körper gar sehr
Einen Schlaganfall später, da mahlt er nicht mehr

Drei Chinesen mit dem Kontrabass,
Saßen auf der Straße und erzählten sich was. Warum kommt da die Polizei und fragt ‚Was ist das?‘
Bei drei Chinesen mit nem Kontrabass
Weil sie auf der Straße sitzen, bei Wetter und Wind, oder weil’s Chinesen sind?

Und so erneuer ich altes,
Leis in meinem Kopf
Die Lied hat ein Ende
Blieb es dabei,

Ach wie toll ich das fände
Kleiner Finger drückt Knopf
Die CD fängt von vorn an

Ach, ich armer Tropf.

Gedichte (186) – Adventskreischen

Adventskreischen

Zwackelmann ist grün und klein
Gelangweilt und völlig allein
Die Eltern, die sind schwer beschäftigt
Was Langeweile mehr bekräftigt

Im Raumschiff fliegt er mit Gebrumm
Auf der Erde stets herum
Es ist winterkalt und schneit
Unspannende Weihnachtszeit

Was soll er tun? Nix steht zur Wahl
Die Felder, die sind völlig kahl
Wo er so gern Kornkreise schafft
Mit seines blauen Lasers Kraft

Doch da kommt ihm die Idee
Auf den Feldern liegt doch Schnee
Laserhitze die gefällt
Brennt in das gefror’ne Feld

Adventskreischen schön groß und rund
Sie leuchten auch noch kunterbunt
Zwackelmann muss dolle lachen
Die Menschen werden Augen machen

Gedichte (185) – Der goldene Trainingsplan

Der goldene Trainingsplan

Was ich euch heut will präsentieren
Ist schon jetzt ein Welterfolg
Revolution für das Trainieren
Sei dieses Glück auch Ihnen hold

Brillieren Sie wie nie zuvor
In dieser neuen Disziplin
Der Titel geht ganz leicht ins Ohr
Überall schon hört man ihn
In ungezählten Städten:
Unfit mit Geräten

Man braucht Willenskraft und Zeit
Auch das Equipment muss hier stimmen
Vor Ihnen stehen nun aufgereiht:
Ein kleiner Kühlschrank, kalt von innen

Eine Fritteuse – vorgeheizt
Entsprechendes Füllmaterial
Und was Sie eben sonst noch reizt
Auch Popcorn passt phänomenal

Zum Trainig fix aufs Sofa legen
Und den Fernseher angestellt
Von jetzt an nicht unnütz bewegen
Da der Erfolg sonst schnell verfällt

Jetzt Pommes, Nuggets – ins Öl rein
Und frisch frittiert runtergeschlungen
Mit der Portion nicht kleinlich sein
Nun zwanzig Wiederholungen

Beim Sport ist genug trinken wichtig
Schluck für Schluck oder auf Ex
Augustiner oder Beck’s
Wie’s gefällt, so ist es richtig

Kleidung bloß nicht unterschätzen
Wenn Sie sich im feinen Zwirn
Gut gestylt aufs Sofa setzen
Erzeugt das Schranken im Gehirn

Drum die Sofahose an
In der man gut trainieren kann
Völlig frei von jeder Mode
Unzählige vertrauen schon heut
Unserer Trainings-Methode
Da wird Mühe nicht gescheut
Setzt ungeahnte Kräfte frei
Nur dünner wird man nicht dabei

 

Gedichte (184) – Erlebnisgastronomie

Erlebnisgastronomie

Willkommen hier im Restaurant
Hoffentlich gefällt es ihnen
Mein Name ist Monsieur Alain
Ich seh es schon an ihren Mienen

Sie sind bereit was zu erleben
Nie mehr voll Langeweile speisen
Sich der Gefahr von Leid hingeben
Ich werde sie nun unterweisen

Dort drüben vor dem ersten Raum
Da gibt es Pfeil und Bogen
Manch Vogel holt man drin vom Baum
Auch Schweine trifft man – ungelogen

Wer lieber schneller will zum Ziel
Kann eine Flinte nehmen
Zur Auswahl gibt es hier sehr viel
Da muss man sich nicht schämen

Manche Tiere sind recht groß
Und durchaus auch gefährlich
Manch eine Hand ist man schnell los
Das sage ich ganz ehrlich

Wir bitten drum zur Sicherheit
Hier einzeln einzutreten
Nehmen sie sich alle Zeit
Im Notfall auch zu beten

Im zweiten Raum hier drüben
Sind viele Seen und Teiche
Hier kann man Angeln üben
Im Schatten einer Eiche

Auch Harpunen stehen dort
Für die ganz großen Tierchen
Da gibt es Spiel und Spaß und Sport
Dazu gern auch ein Bierchen

Und wem’s vor lauter Hungrigkeit
Die Mundwinkel schon jetzt verzieht
Für den steht dort auch was bereit
Stangenweise Dynamit

Bei uns hat man die Qual der Wahl
Doch seien sie auf der Hut
Sonst wird es schnell zu echter Qual
Dagegen hilft bei uns nur Mut

In den Räumen drei und vier
Gibt es Gurken und Salat
Kartoffelbuddeln kann man hier
Doch achten sie gut auf den Draht

Manch einer ist mit Strom durchsetzt
Und Stacheln gibt’s natürlich auch
Da wird man allzu leicht verletzt
Man zieht ihn besser ein, den Bauch

Die Zubereitung ist dort drüben
Da gibt es Messer, Sägen, Zangen
Wer’s noch nicht kann, der muss es üben
Mit den Tieren was anzufangen

Aus Rind mach Steak
Aus Dorsch Filet
Natürlich klingt das erstmal schräg
Als Beschäftigungsidee

Danach essen Sie ohne Eile
Haben Sie sich auch verdient
Der Speisesaal ist mittlerweile
Auch überhaupt nicht mehr vermint

Wer bei uns speist weiß was er isst
Und kennt die Zubereitung
„Man übt sich hier in Kraft und List“
So steht es in der Zeitung

Auch als Diät ist’s wunderbar
Das darf man nicht vergessen
Manch einer war schon dreimal da
Und hat noch nichts gegessen

Gedichte (183) – Das Neinhorn

Das Neinhorn

Es war ein Nashorn, dick und breit
Mit einem unerfüllten Traum
Weit entfernt vor langer Zeit
Stand es unter einem Baum

Doch ist der Baum nicht relevant
Für diese Geschichte hier
Ganz wie der graue Elefant
Der stand ein Stück hinter ihr

Da stand also das Nashornfräulein
Unzufrieden, unglücklich
Es wollte gern ein Einhorn sein
Das Unglück spürbar wie ein Stich

Ein Pferd mit stark behornter Stirn
Das wollte sie gerne sein
Kein Nashorn, Mensch im feinen Zwirn
Otterbaby oder Schwein

Stets stand sie so da verbittert
Verärgert, stets sie selbst zu bleiben
Die Haut schon alt und stark verwittert
Der Wunsch, er ließ sich nicht vertreiben

Doch eines Tages als sie schlief
Kam ihr ein Gedankengang
Werde doch mal pro-aktiv
Als sie erwachte dacht sie dann

Schaut man genau, ja dann ist nämlich
Des Nashorns normale Figur
Einem dicken Pferde ähnlich
Das Horn ja leider, das sitzt nur

Viel zu tief auf meiner Nase
Und stolz wie nie stolzierte sie
Den Blick der Zukunft zugewandt
Ins Haus der Schönheitschirurgie

Von tiefstem Herz fiel ihr ein Stein
Erzählte jedem die Geschichte
Sie würde nun ein Neinhorn sein
Es stand ihr gut zum Angesichte

Ein Nilpferd das sie dabei traf
War ebenfalls von Herzen scharf
Darauf Einhorn zu werden
Glücklicher zu sein auf Erden

Es erkannte schon alsbald
Es war von ähnlicher Gestalt
Dacht sich, das scheint ja nicht so schwer
Ging zum Chirurgen hinterher

Gedichte (182) – Autofahrt

Autofahrt

Willst du einen anderen Menschen
Von tiefstem Herzen kennenlernen
Schauen was wirklich in ihm steckt
Verstehen bis zu den tiefsten Kernen
Ob Mr.Hyde wohl in ihm schlummert
Den man besser niemals weckt
Aggression, ganz unbemerkt
Und von Manieren gut verdeckt

Kannst du natürlich mit ihm trinken
gemeinsam lange Urlaub machen
oder im Drogenrausch versinken
um das Feuer zu entfachen

Doch der beste Weg zum Offenlegen
Zu entblößtem menschlichen Gebahren
Mit einem anderen Menschen ist und bleibt,
gemeinsam Auto fahren

Die friedliebensten Menschen
Werden da plötzlich zum Tier
Sie schreien, fluchen, fuchteln rum
Ohne einen Hauch Manier

In Dörfern, auf der Autobahn
Überall gibt’s Grund zu schreien
Niemand hier kann richtig fahren
Die sollen sich alle selbst kasteien
Die Stimme jetzt schon völlig heiser
Nervöses Augenliderzucken
Mittelfinger aus dem Fenster
Und dazu noch böse gucken

Doch nicht alle werden zu Tieren
Und sollte all das nicht passieren
Der Mensch da auf dem Fahrersitz
Nicht die Contenance verlieren

Möchtest du ganz sicher sein
Willst du echt noch mehr
Für Fortgeschrittene gibt es
Dann noch den Stadtverkehr

Gedichte (181) – Was ich auch nich brauch

Was ich auch nicht brauch – Ein Gedicht für Amazon

Die Seite zeigt mir tolle Sachen
Filme, Spiele, Haushaltswaren
Hier kann man toll Geschäfte machen
Sich den Weg zum Laden sparen

Ich kauf mir einen neuen Herd
Kühlschrank und ne Waschmaschine
Nen Grill und dazu ne Gardine
Ganz ohne Schleppen – nicht verkehrt

Lauter tolle neue Dinge
Kann ich bald geliefert sehen
Weiteres durch den Shop gespringe
Um noch mehr Sachen zu erstehen

Ein kleiner Kasten zeigt mir an
Was der Webshop mir empfiehlt
Was ich sonst noch kaufen kann
Für mich gefunden – ganz gezielt

Empfehlungen, die sparen Stress
Für Edgar, Peter, Paul und Thorben
„Wer, was sie kauften, auch erworben
Kauft gerne auch noch folgendes“:

Zum Beispiel einen neuen Herd
Kühlschrank und ne Waschmaschine
Nen Grill und dazu ne Gardine
diese Empfehlung ist verkehrt

All das fehlt ja gerade nicht
Ich lasse die Gedanken streifen
Sie rasen fernab jeder Sicht
Über Möglichkeiten schweifen

So viel könnt so ein System
Im Alltag allen Menschen bringen
Für jede Lösung ein Problem
Wird ins Auge einem springen

Wer mit diesen Frauen schlief
Dem gefielen auch jene
Wer diese Süßigkeit gern aß
Der kaufte dann auch dritte Zähne

Wer nach „solcher“ Kleidung sucht
Mag auch das Buch von Sarrazin
Wer „Scheiß-Stuttgart 21“ flucht
Der hat auch Spaß in Berlin

Wer dieses Navi oft benutzt
Mag jene Autowerkstatt
Wer jeden Samstag Auto putzt
Schimpft gern auf dieses Merkblatt

Wer über dieses Volk hier hetzt
Schnüffelt gern jenen Kleber
Wer gerne den Billigschnaps da trinkt
Braucht diese Sorte Leber

Wer gerne diese Speise kochte
der reist gern in die Ferne

Und wer diesen Text hier mochte
der applaudierte gerne