Gedichte (169) – Ich wäre gerne ein Planet

Ich wäre gerne ein Planet

Ich wäre gerne ein Planet
Der im Weltall riesengroß
Sich fast nur um sich selber dreht
So wichtig und doch sorgenlos

Wenn ein paar Monde ihn umschwirren
Reflektieren Sonnenlicht
Astronauten sich verirren
Das kümmert den Planeten nicht

Er sieht wie die Sternlein stehen
Kann sie betrachten und studieren
Sind von ihm aus gut zu sehen
Er wird nicht krank, er kann nicht frieren

Zweifelt nie an seinem Können
Hat klare Zukunftsperspektiven
Muss sich keine Auszeit gönnen
Dreht sich in des Weltalls Tiefen

Kein Urlaub nötig und zur Nacht
Wird auch nie an Schlaf gedacht
Immer da, ganz selbstbewusst
Ja, auf Planet-sein hätt‘ ich Lust

Gedichte (168) – Ein junger Mann

Ein junger Mann

Leander ist ein junger Mann,
Der schon auf sich stolz sein kann,
So attraktiv und durchtrainiert
Die Bildung, die läuft wie geschmiert,

Er ist gar stolz drauf, wer er ist
Und welch‘ Land seine Heimat misst
Voll Stolz, ein Deutscher sein zu dürfen
Auf Papas Jacht Champagner schlürfen
Deutsch zu sprechen, deutsch zu denken
Er hofft irgendwann mitzulenken
Bei der Führung dieses Landes
Ganz klar für jemand seines Standes

Nur Fremde mag Leander nicht
Die sind doch alle drauf erpicht
Ins Land zu kommen, nichts zu tun
Auf unsere Kosten auszuruhen

Nicht nur Kultur, auch Anstand fehlt
Weil Arbeit für „die da“ nicht zählt
Nur Ausreden sind schnell zur Hand
Sowas gehört nicht hier ins Land

Es sollt‘ mehr wie Leander geben
So sieht das Leander eben
Er wollte schnell schnell bedeutend sein
Und trat in ’ne Verbindung ein

Leanders Wange schmerzt ein bisschen,
sie ziert ein nagelneues Schmisschen
Ein Sprichwort sagt zu solchen Fällen
’nen schönen Menschen kann nix entstellen

Jedoch um wahrhaft schön zu sein
reicht nicht dein Aussehen allein

Wie bei Leander, ihm sieht man
Seine Hässlichkeit nicht an.

Jack Rodman – der ganzen Wahrheit erster Teil (5)

Ich arbeite nach wie vor immer mal wieder für den Dichtungsring daran, meinen Roman „Jack Rodman“ als Gedicht umzuschreiben. Hier folgt nun Teil 5 der Erzählung.

Viele Grüße,
Arno


Jack Rodman – der ganzen Wahrheit erster Teil (5)

Überstürzt eilt er hinaus
Lässt alles stehen und liegen
Läuft verzweifelt aus dem Haus
Will seinen Schmerz besiegen

Schreibt seiner Freundin was er weiß
Das Schluss ist, schaltet’s Handy ab
Gedanken drehen sich im Kreis
Der Trennungsschmerz hält ihn auf Trab

Ab in die Kneipe mit Kollegen
Hoch die Tassen, rein das Bier
Zeit, sich auf- und abzuregen
Viele Stunden sind sie hier

Noch stark betrunken aufgewacht
Steht auf, so gut er eben kann
Es ist nun mitten in der Nacht
Tritt schwankend nun den Heimweg an

Er ist allein, es dauert lang
Doch als er endlich angekommen
Wird ihm plötzlich Angst und bang
Er sieht die Welt noch recht verschwommen

Der Anblick bricht das Monotone
Denn das was da so lodernd brennt
Ist eindeutig zweifelsohne
Was er seine Wohnung nennt

Da fällt’s ihm ein
Ist das zu fassen?
Er hat vor lauter Herzenspein
Den Herd beim Gehen schlicht angelassen

Vor dem Haus steht Feuerwehr
Und es zieht ihn nicht da hin
Denn zu erkennen fällt nicht schwer:
Da steht auch seine Ex-Freundin

Er will schnellstmöglich weg von hier
Dreht sich um und wankt zurück
Er will ganz dringend weg von ihr
Und wieder ins Kneipenglück

Ein paar Straßen weiter
Läuft er nun Tankstelle suchend
Alles andere als heiter
Laut über das Tagwerk fluchend

Wodkaflaschen nur im Sinn
Eine Straße überquerend
Schlurft unaufmerksam vor sich hin
Demnächst wird es für ihn verheerend

Schaut nur nach vorne, ganz fatal
Sein Blick getrübt vom vielen Klaren
Dabei wird er auf einmal
Von einem Pickup umgefahren

 

 

Gedichte (166) – Postkarte

Postkarte

Freundlich grüßen alle Leute
Im Ostseeurlaub hier und heute
Und es riecht hier gar so gut
Nirgends Geruch nach Urinal
Keine Partygängerflut
Kein verdreckter Stadtkanal
Die Busfahrer, die grüßen lachend
Und verzeihen falsches Drücken
Meckerlos die Tür zumachend
Man hilft anderen aus freien Stücken
Als Tourist wird man geschont
Alles hier ist ungewohnt

Berlin, nur ein paar Stunden bist du Weg
Die Straßen voll, die Luft voll Dreck

Nach nunmehr fast schon sieben Jahren
Bist du keine Fremde mehr
Fühlt sich an wie heim zu fahren
In deinen dichten Stadtverkehr

Bist oft nicht schön und bist nicht rein
tendenziell mehr groß als klein
Bist sonst so nah und heut so fern
Ach Berlin, ick hab dir gern

Gedichte (165) – Ich wäre gern berühmt und reich

Hallo allerseits,

endlich passiert hier mal wieder was. Ich war nicht untätig in letzter Zeit, habe den Blog aber recht stiefmütterlich behandelt. Wie man das eben so macht gelobe ich Besserung und hoffe, ich werde dem gerecht werden.
Euch allen ein schönes Wochenende,

Viele Grüße,
Arno


Ich wäre gern berühmt und reich

Ich wäre gern berühmt und reich
Mit Schloss und Pool und Karpfenteich

Hab ein Orchester ganz für mich
Das jeden Morgen planmäßig
Zur Weckzeit sicher und gezielt
Fluch der Karibik-Soundtracks spielt

Was mich reizt, kein Ding, ich tu’s
Millionen Likes und Klicks und Views
Wenn ich bei Youtube nur erzähle
Wie ich eine Kartoffel schäle

Bei Instagram gibt’s täglich Bilder
In denen ich mein Frühstück schilder
Welches Lokal mag ich grad sehr?
Wer fährt meinen Rasenmäher?
Wie war mein Schlaf wohl letzte Nacht
Was wohl meine Verdauung macht?

Welche Bücher mag ich nur?
Das sagt mir meine Agentur
Wär viel zu busy um zu lesen
Dank meiner eigenen großen Thesen

Mit 30 schreib ich, wild und frei
Biografie Numero drei
Das heißt, natürlich lass ich schreiben
Werd nur Tantiemen einverleiben

Lass stets den Pöbel für mich schuften
Für mein Wohl und den ausgebufften
Plan für meine Weltherrschaft
So weit reicht meines Geldes Kraft

Wär ich berühmt und gar so reich
Wie manch ein auserwählter Scheich
Entstünde eine Menge Mist
– Vielleicht ist es auch gut wie’s ist

Gedichte (164) – Der Werbung gewidmet

Der Werbung gewidmet

Seit gestern Abend fürcht ich mich
Fürchte mich ganz fürchterlich
Die Vorstellung ist ungeheuer
Schrecklich diese Paranoia
Ich fürcht du bist nicht wer du bist
Die mich stets so lieblich küsst
Die mir stets so lieb und teuer
Hab Angst du wärst Manuel Neuer

Gedichte (163) – Diese eine Zeit

Diese eine Zeit

Sitz mit meinem kleinen Sohn
Zwei Jahre mittlerweile schon
Frühmorgens in der Trambahnfahrt
Die das Kind zur Kita karrt
Um uns Kinder, Jugendliche
Auf dem Weg zum Schulbank-Drücken
Unfassbare Schweissgerüche
Die Sauerstoff im Keim ersticken

Doch deutlich schlimmer sind Gespräche
Vor Coolness und Testosteron
Und Meinung trotzen sie nun schon
Dass ich mich doch ganz gern erbräche

Wer auf wen steht, wer mit wem geht
Wer hat wen mal was gefragt
Und wer hat darauf was gesagt
Lauter Hähne, viele Körbe
Mädels, die man gern umwörbe
Hormonerfüllt und nix dahinter

Da sitz ich in der Tram im Winter
Erinner mich an meine Jugend
Große Sprüche, wenig Tugend
An Stimmbruch, Akne, diesen Scheiss
Den ganzen Mädels-Teufelskreis

Von flirten wollen und nicht können
Peinlich stumpfes Frauen-nachrennen

Schau meinen Sohn an, denk bei mir
Ein paar Jahre bleiben dir
Dann ist vorerst alles zu spät
Ich fürchte mich, mein Sohnemann,
Vor deiner Pubertät

Gedichte (162) – Jeden Montag

Jeden Montag

Jeden Montag wird marschiert
Durch große Städte wird spaziert
So sind sie demonstrierend tätig

Manch alter Gedanke erstrahlt ihnen schön
Ob des neuen Gewandes
Und meine Angst wächst stetig
Vor der Idiotisierung des Abendlandes