Na du, wie geht’s dir denn so?
Depression, Burnout, die Börse ist leer
Wundfieber, Schrammen, unglaubliche Wut
Schmerzen im Rücken, das Gemüte so schwer
Ich fass mal zusammen: Es geht mir ganz gut
Autor. Dichter. Vorleser.
Na du, wie geht’s dir denn so?
Depression, Burnout, die Börse ist leer
Wundfieber, Schrammen, unglaubliche Wut
Schmerzen im Rücken, das Gemüte so schwer
Ich fass mal zusammen: Es geht mir ganz gut
Menschenkenner
Dass du eine Waffe ziehst
Nahm ich noch ganz gut gelaunt
Dass du mich damit erschiesst
Hat mich dann doch sehr erstaunt
2084
Ich wache auf, als der Song gerade anfängt Fahrt aufzunehmen. Die Töne kommen mir entfernt bekannt vor und sie gefallen mir nicht. Mir ist, als hätte ich ihn bei MTV vor ein paar Tagen mal gehört, die spielen ja jetzt ab und zu sogar wieder Musik. Genau, das ist die neue Single von Lady Gaga. Eine psychedelische Hip-Hop-Coverversion von ‚Last Christmas‘. So langsam kriege ich Kopfweh. Ich schnappe mir das neben mir liegende Handy und stelle den Wecker aus. Es zeigt mir an, dass dieser Klingelton aktuell Platz Eins der amerikanischen, deutschen, englischen, südafrikanischen, tunesischen und belgischen Charts belegt und es ihn für nur 99 Cent erworben hat. Seit letzten Monat der Techniker mir das neue Betriebssystem auf dem Computer installiert und meine sämtlichen Geräte daran gekoppelt hat, hat sich einiges verändert. Das Betriebssystem ist von Google. Er meinte, sie würden immer schauen was das beste für mich ist und sich an meinem Geschmack orientieren. Ich hoffe Google irrt sich. Ich weiß nicht ob ich in einer Welt leben kann, in der Lady Gaga das Beste für mich ist. Der Computer wird sich wohl noch eine Weile an mich gewöhnen müssen.
Mein Laptop gibt ein Geräusch von sich. Als ich ihn öffne sehe ich eine E-Mail aufblinken. Mhm, mein Computer hat mir geschrieben. Anscheinend hat Google gestern ein Telefongespräch zwischen meiner Freundin und ihrer Schwester mitgeschnitten bei dem sie erwähnte, dass sie mich betrogen hat. Mein Computer hat daraufhin gleich per SMS in meinem Namen mit ihr Schluss gemacht, die Facebook-Freundschaft beendet, unsere gemeinsamen Youtube-Videos und Flickr-Fotos gelöscht, den Beziehungsstatus aktualisiert und mit allen Frauen die da auf Gefällt mir geklickt haben für nächste Woche Dates ausgemacht. Naja, vielleicht ist es besser so. Die Beziehung lief eh nicht mehr so wahnsinnig gut.
Was mache ich denn heute noch? Ich schreibe Jan eine SMS, ob er Lust auf Kino heute Abend hat, wir könnten ja danach vielleicht noch n Bierchen trinken gehen. Als ich die SMS abschicken will, leuchtet ein rotes Warndreieck auf. Das Handy teilt mir mit, dass ich das besser bleiben lassen sollte. Überhaupt soll ich heute mal zuhause bleiben, mich vernünftig ernähren und meine Leber schonen. Der Ergometer zeige an, dass er seit Tagen nicht benutzt worden sei, das Laufband ebenfalls und das Klo hätte schon die Werte von meiner letzten Urinprobe analysieren lassen, die seien alarmierend. Sport im Freien hat es mir wegen der schlechten Luft in der Stadt schon letzten Woche verboten und dafür die Traingsgeräte bestellt. Ich seufze frustriert. Naja, dann halt kein Kino. Ich mach mir jetzt einfach ne schöne Tiefkühlpizza, trink ein Glas Cola, leg mich vor den Fernseher und dann kommt der Tag schon noch ins Laufen.
Ich stehe auf und schlurfe gemächlich zum Kühlschrank. Als ich ihn öffne, stutze ich. Alle Fächer sind leer, bis auf das Gemüsefach – das ist vollgefüllt mit Sellerie. Ich mag gar kein Sellerie. Der Kühlschrank hat wohl nicht das nachbestellt was ich wollte. Er ist von aussen befüllbar, damit ich nicht mehr einkaufen gehen muss. Bisher hat er immer brav bestellt was ich ihm getwittert habe, da steckt bestimmt auch mein Computer dahinter. Ich schließe den Kühlschrank wieder. Na toll, denke ich mir. Kein Kino und keine Fertigpizza. Dann eben auf zu McDonald’s – ich brauch dringend was zum futtern und das Gemüsezeug pack ich nicht an. Ich ziehe mir meine Winterschuhe und meinen Wintermantel an. Die Schlafanzughose wird schon keiner bemerken, vielleicht ist in Berlin sogar gerade irgendein Trend aktuell der Schlafanzughosen als besonders modisch gelten lässt.
Ich drücke die Türklinke herunter – die Tür öffnet sich nicht. Das Display der Tür sagt, dass ich heute lieber Sellerie-Diät machen soll und ich höre die Waage im Bad zustimmend fiepen. Ich rüttle an der Tür aber sie geht einfach nicht auf. Stattdessen erscheint auf dem Touchscreen ein Nummernblock. Da steht, wenn ich den 32-stelligen PUK eingebe öffnet sie sich auch gegen den Willen des Systems. Na super. Der Google-Techniker wollte mir den PUK nur aushändigen, wenn ich seine – wie er es nannte – besondere Datenschutzvereinbarung unterschreibe. Dieses verdammte Kleingedruckte. Ich rufe jetzt bei der Service-Hotline an. Festnetz hab ich dank des unglaublich günstigen Handyvertrags keins mehr, also ziehe ich wieder mein Handy hervor. Es reagiert nicht auf berühren des Touchscreens. Es blendet nur Bilder von Sellerie ein. Immer mehr Bilder, jetzt auch von anderem Gemüse, mit Wochentagen versehen. Zwischendrin blitzt immer wieder irgendwas von „Diätplan“ und „Mein neues Leben“ auf. Immer schneller wechseln die Bilder, so schnell dass man es kaum noch verarbeiten kann, bis das Handyflimmern fast etwas hypnotisches hat. Ich fange an zu schreien. Ich schreie sehr laut und es dauert sehr lange bis ich wieder aufhöre.
Dann seufze ich, ergebe mich in mein Schicksal, ziehe die Schuhe und den Mantel aus, hole die Sellerie aus dem Kühlschrank und beginne langsam, ganz langsam sie zuzubereiten.
Blick zurück
Mein Spiegel blickt mich fragend an
Er weiß nicht was ich denke
Dass ich den Anblick nicht ertragen kann
und ihn des halb verschenke
Stadtweisheit
Als wollt‘ er sich den Finger brechen
drückt voll Gewalt er auf den Knopf
dass nicht passiert liegt nicht an körperlichen Schwächen
weiß es halt nicht, der arme Tropf
Frust steigt hoch als ihm dämmert, dass es ihm nicht glückt
wenn man lang hier wohnt dann kommt man eines Tages drauf
Und wenn man noch so hämmert und wenn man noch so drückt
solang das Licht nicht leuchtet, geht die U-Bahn-Tür nicht auf!
Jetzt kommt mal wieder (für meine Verhältnisse) ein Ansturm an Gedichten. Es ist praktisch wenn man sich vom Romanschreiben in Prokrastination übt und dabei dann Gedichte schreibt…
Das nun folgende, kurze Gedichte ist zum Glück nicht autobiographisch und beruht wie so oft auf Erlebnissen in Zug und U-Bahn.
Abschied
Liebste, mich führt
jeder Schritt, dem Ziel entgegen
fester Tritt auf steilen Wegen
ich bin ich, nun lass mich sein
ich lieb‘ nicht dich, nur mich allein
drum lass‘ ich dich im Regen stehen
um ganz alleine fortzugehen
Hoffnung
Wenn Liebe in dein Leben fällt
nichts verspricht und alles hält
du voll Tatendrang erwachst
plötzlich alles möglich machst
Dann leg die rosa Brille fort
musst wachen Auges schauen
hält der Anblick dann sein Wort
kannst du dem Glück
vielleicht auch trauen
Sprich Wort
Ein Indianer kennt keinen Schmerz
hieß es, wenn als Kind ich weinte
doch verstand ich’s nicht als Scherz
als ich am verstauchten Zeh zu sterben meinte
Sag, bist du ein Mann oder ’ne Maus?
hieß es dann zur Jugendzeit
saß ich mal traurig zuhaus
bei Lebens- oder Liebesleid
Ich bin weder Maus noch Winnetou
auch kein harter Hund, doch bedenke du:
Vielleicht ist ein Mann, der weint
einfach nur ein Sprichwortfeind!
Ein relativ neues Gedicht, das allerdings eher noch eine Rohfassung ist. Ich werde wohl wenn der NaNoWriMo, an dem ich teilnehme, vorbei ist, noch ein wenig daran weiterschreiben. Fürs erste dachte ich mir, ich gebe euch mal einen Einblick, was ich momentan so tue.
Ich wünsche einen wunderschönen Abend
Grüße
Larry
Darf ich bitten?
Oh Prinzessin, euer Gnaden,
dürfte ich es wagen
euch hier und heute einzuladen,
zu mir in meine Welt
hab mich noch gar nicht vorstellt:
wie ihr, euer Hochwürden seht,
man nennt mich zu Lande und zu Wasser
stets die Realität
Darf ich euch Vaters Schutz entreissen?
eure Glashauswelt einschmeissen,
von Gottes Gnaden euch entzweien
von Geburtenrecht und Sippschaft euch befreien?
euch Leiden, Armut, Krankheit präsentieren
und euch aufs Brote schmieren
auf welch hohem Ross ihr lebt
und dummem Ziel entgegen strebt
Schickimicki, schöne Leiber,
geistesarme, stupfe Weiber
euch würd ich nicht im Traum anfassen,
seid nicht mal wert, euch eucht zu hassen
drum werd die Finger ich weg lassen
ihr werdet es doch nie verstehen,
was ich gehört, gelebt, gesehen
so geht dahin und lebt in Frieden
bin von euch im Geist geschieden
darum werdet ihr gemieden
mögt ihr auch so viel Pläne schmieden
ws ihr für tolle Leben lebt
manch hohes Ziel ward angestrebt
doch auf den Grabstein wird geschrieben:
Dumm geboren – und ist’s geblieben
Vollbeschäftigung
Der Arbeitsplatz, da ist er nun
Er ist dem Deutschen Heiligtum
Ob die Umwelt wird verpestet
Ob man hier mal Waffen testet
Ob Diktatoren Panzer kaufen
Ihr Volk darf um sein Leben laufen
Ob Pullis die wir hier verticken
In Taiwan kleine Kinder stricken
Ob wir mit Autoauspuffgasen
Den Dreck selbst in die Lüfte blasen
An dem wir später dann krepieren
Umwelt und Leben verlieren
Ob Pharmafirmen Mafia spielen
Stets nur auf die Kohle schielen
Viele Tausend sterben lassen
Und sich nicht an die Nase fassen
Ob Politiker in Südenpfuhlen
Nur sich und ihre Lobby suhlen
Beim Chardonnay auf Wähler pfeifen
Sich am Spendengeld vergreifen
Alles möglich, wie ihr seht
Solang in unserem deutschen Land
Geführt von guter deutscher Hand
Kein Arbeitsplatz verloren geht