Gedichte (135)

LyrikPlag

Es war dereinst mal ein Poet
Der grübelte im Stillen
Wie Autorenruhm entsteht
Er war getrieben von dem Willen

Feine Zeilen zu verfassen
Mit den Großen sich zu messen
Sich fröhlich inspirieren lassen
Und notfalls dafür zu vergessen

Wem genau der Text gehört
Man könnte sich da ja bedienen
Ist zwar ein wenig unerhört
Ein böses Spiel mit guten Mienen

Wie fest gemauert in der Erde
Steht er da und starrt gebannt
Heut noch soll es lyrisch werden
Gefällig und ganz schnell zur Hand

Er grübelt so spät bei Nacht und Wind
Welche Autoren zitierenswert sind

Und kurz und gut und jedenfalls
Und ganz im Allgemeinen
Der Dichter, der fand leider als
Er plagiieren wollte, keinen

„Gott sei Dank! Schon ist’s vorbei
mit der Übeltäterei!!“
Und so folgte der Durchbruch dann doch leider nicht
Und die Moral von der Geschicht?

Wer jetzt keinen Text hat, der schreibt keinen mehr
Wer jetzt nicht berühmt ist, der wird es auch bleiben
Wird wachen, lesen, sich Schnaps einverleiben
Und auf ewig an Sätzen wie diesen rumschreiben

Gedichte (134)

Schöpferglück

Einsam ist es oft, zu Schreiben
Mit Ideen schwanger gehen
Sie aus dem Hirn aufs Blatt zu treiben
Wachsen und entstehen sehen

Sind sie dann in voller Pracht
Schlussendlich aufs Blatt gebracht

Regt in der Autorenbrust
Sich Schöpferglück biblischer Maße
Freude und die starke Lust
Es jedem Menschen auf der Straße

Einzeln lauthals vorzutragen
Doch würde mancher mich verklagen

Da nicht jeder Lyrik mag
Egal wie episch oder schlicht
Da Erinnerung finster nagt
An Folter im Deutschunterricht

Was hat der Autor sich gedacht?
Warum hat er’s grad so gemacht?

Und so behalte ich’s für mich
Bleibe fern der vollen Straße
Verbreite meine Lyrik nicht
In allzu nervtötendem Maße

Schreib Gedichte zuhauf
Über Schuld oder Sühne
Und hebe sie mir alle auf
Für meine Lyrik-Lesebühne

Gedichte (133)

Weiter Weg

Ein weiter Weg liegt vor
Und ein weiter hinter uns
Die Temposchwankungen der Zeit
Sind ihre eigene, feine Kunst

Heut hab ich nicht viel zu sagen
Keine neuen, offenen Fragen
Nur schöne simple Lebensfreude
In diesem standfesten Gebäude
Das uns unsere Liebe baut
Wo man sich schützt und sich vertraut

Heut wollt‘ ich nur, dass ich dir sag:
Ich freu mich über jeden Tag

Gedichte (132)

Eine Ode an Ikea

Oh welch großer blauer Tempel
Hier so vielerorts präsent
Voller Möbel, voller Krempel
Durch dessen Gänge niemand rennt

Bis hin zu den Kassendamen
Wird hier geschlendert und geguckt
Da ein schöner Bilderrahmen
Hier ein kleines Kind, das spuckt

Egal wie kurz die Einkaufsliste
Wie wenig man auch kaufen will
Nach zwei, drei Stunden endlich biste
Am Auto – vollgepackt mit Müll

Zwar auch was du kaufen wolltest
Doch obendrauf gesellen sich
Gläser, Tassen, kleine Boxen
Und Teelichter noch zusätzlich

Erschöpft langst du zuhause an
Und schwörst dir nie zurückzukehren
Doch der Wille hält nicht lang
Kannst nicht ewig dich erwehren
Wirst bald den blauen Tempelbau
Erneut mit Einkaufslust beehren

Gedichte (131)

Einen wunderschönen guten Tag,

es sind recht vollgepackte Zeiten momentan, aber sie machen unglaublich Spaß. Das nächste Update von „Hinter verschlossenen Türen“ steht zaghaft hinter dem Vorhang und traut sich noch nicht so recht raus, aber ich denke, es wird bald soweit sein. Bis dahin gibt es ein paar Veranstaltungsankündigungen, eine vage Andeutung und die Texte vom letzten Dichtungsring.

– Am 27.04. feiere ich zusammen mit Hans Sølo und einigen musikalischen Gästen den Release unserer gemeinsamen EP im KussKuss in Neukölln. Es hat eine ganze Weile gedauert, und ist dafür umso schöner geworden, dieses Projekt. Hans hat mehrere meiner Texte (die ich auch eingesprochen habe) vertont. Ist eine großartige Art, Lyrik wahrzunehmen, mit Musik im Hintergrund. Leicht abgewandelte Versionen werden wir an dem Abend auch darbieten. Hans wird zusätzlich seine Songs spielen, ich lese alte und neue Texte und ein paar Auszüge aus meinem Roman. Wir würden uns sehr freuen wenn ihr kommt. Hier gibt es noch mehr Infos dazu.
– Am 07.05. ist der nächste Dichtungsring, mit Matthias Niklas, Sascha Delitzscher, Theresa Rath, Hans Sølo und meiner Dichterigkeit im Laika in Neukölln. Beginn ist wie immer so ungefähr 19:30 Uhr und der Eintritt ist frei.

Nun zur vagen Andeutung: Ich habe im vergangenen Jahr eine Menge neue Texte geschrieben, von denen kein einziger seinen Weg hier auf den Blog gefunden hat. Wer mich in letzter Zeit live gesehen hat, wird auch schon den ein oder anderen davon kennen. Es wird mein erster Konzept-Lyrik-Band und ich freue mich schon darauf. Er wird irgendwann in den nächsten Monaten bei Periplaneta erscheinen, nähere Infos und ein bisschen mehr Details gibt es hier, sobald ich welche habe.

Allerbeste Grüße,
Arno / Larry

Heimatversuch

Wenn man eine Kneipe betritt
der Barmann
die zwei Gestalten
die da eintreten
erkennt
dank der zahlreichen Nächte
die sie hier trinkenderweise überlebt haben
und wenn der Barmann dann
wortlos
und mit fragendem Blick
zwei Gläser hochhält
und auf ein kurzes Nicken hin anfängt
diese mit feinstem Fassbier zu füllen

Dann hat man ein Gefühl davon
was Heimat ist

Gedichte (130)

Warum ich so zufrieden bin

Was ist denn nun schon wieder lustig
Fragst du wenn ich lache
Wenn ich meine Zeit genieße
Fragst du was ich nun schon wieder mache

Warum ich so zufrieden bin
Fragst du allen ernstes
Und da sag ich ganz bewusst:

Weil ich von hier weggehen kann
Und du stets bei dir bleiben musst

Gedichte (129)


Politikverdrossen

Ich würde so gern über Wahlen schreiben
Über Wahlkampf, Macht und Demokratie
Über all das geschäftige Treiben
Politik und erzeugte Hysterie

Aber ich kann nicht
Und will es auch nicht
Jedes Mal zieht’s mir die Augen zu
Der Kopf rutscht aufs Kissen
Ich schlafe im Nu

Ich würde so gern über die Kanzlerin schreiben
taktiles Verhalten und die Opposition
Das Eröffnen von Wahrheit in winzigen Scheiben
Zu viele Worthülsen und zu wenig Vision

Aber ich kann nicht
Es langweilt mich so
Nicht mal für Wut reicht
Das Glimmen in mir
Und wieder zieht es gleich
die Augen mir zu

Bin von all dem Unsinn frustriert
Vollkommen politikverdrossen
Ungewöhnlich unentschlossen
Und eine Prise desinteressiert

Doch bevor sich der Frust alle Glut einverleibt
Überliste ich ihn, ganz gerissen und schlau
Weil ich weiß, dass nur eine Chance noch bleibt
Und was ich jetzt mache, ich weiß es genau

Auf zum Laptop, ich werd‘ mich verdammen
Ich tu mir jetzt bewusst richtig weh
Um meine Wut neu zu entflammen 
Mit den Reden vom Parteitag der FDP

Gedichte (128)

Das „würde“ des Menschen ist unantastbar – ein Gedicht für den Konjunktiv

Mit zunehmendem Alter
Werden all die Träume
Gekürzt und präzisiert
Manche werden Schäume
Manche geradezu kastriert

Mit zunehmendem Alter
Geht die Möglichkeit verloren
Es kommen Plan und Ziel und Tat
So wenig bleibt unausgegoren

Drum bitte ich mich selber dann
Den Konjunktiv nicht zu verlieren
Ein bisschen „würde“, etwas „wäre“
Ein wenig „hätte“ mal probieren

Da entstehen dann blitzschnell
All diese großen Möglichkeiten
Die neuen Plänen,  Zielen, Taten
Hochachtungsvoll den Weg bereiten

Die werden dann neu präzisiert
Gekürzt, geradezu kastriert
Und durch Sorgen noch beschwert
Aber der Versuch war’s wert

Gedichte (127)

Einen wunderschönen guten Abend,

seit langem mal wieder ein bisschen Liebeslyrik. Einer der Texte vom gestrigen Dichtungsring im Laika in Neukölln. Es war mir wie immer ein inneres Freudenfeuer.

Viele Grüße,

Arno / Larry

Ich habe dir heute kein Lächeln geschenkt

Auf dem Weg zur Arbeit
Wird mir ganz plötzlich klar
Welch große Kleinigkeit
Heute vergessen war

Ich habe dir heute kein Lächeln geschenkt
Nicht mal ein kleines
Noch nicht mal fast
War zu sehr in Gedanken, zu abgelenkt
hab meine Chance verpasst

Ist das der Punkt an dem es sich wendet?
Was heißblütig beginnt
Und mit Rheuma-Decken endet
Zuerst nur kein Lächeln
Dann vergisst man den Kuss
Der bei jedem Abschied
So dringend sein muss
Dann berührt man sich nicht mehr
Wird einander fremd
Älter und grauer
Und voreinander gehemmt

Ich habe dir heute kein Lächeln geschenkt
Nicht mal ein kleines
Noch nicht mal fast
Ich laufe zurück und lächle dich an
und küsse dich so lang ich kann
wie du es nicht nur dann und wann
und auf keinen Fall nur fast
sondern tagtäglich ein Leben lang
von Herzen dir verdient hast

Rezension: Thomas Sabottka – Land, Luft und Leichenschmaus

Guten Morgen allerseits,

ab sofort wird es hier auf dem Blog gelegentlich auch von mir verfasste Rezensionen geben. Bisher habe ich ja nur für Slammin‘ Poetry rezensiert, was ich auch weiterhin tun werde, aber ab sofort gibt es hier hin und wieder auch Rezensionen von Büchern, die dort nicht so ins Konzept passen. Los  geht’s mit dem neuen Buch von Thomas Sabottka. Er ist sozusagen ein Verlagskollege von mir und sein Roman hat mich schwer begeistert.

Ich wünsche euch eine wunderbare Woche,
Mit den allerbesten Grüßen,

Arno / Larry

In Brieskau-Finkenwalde, einem kleinen Ort in Brandenburg, brodelt viel unter der Oberfläche. Dunkle Geheimnisse in der Vergangenheit, die möglichst unter Verschluss bleiben sollen und in der Gegenwart seltsame Todesfälle, wohin man nur blickt. Und das, wo doch bald eine Investorengruppe vorbeikommen soll um zu beurteilen, ob sich das Örtchen als Standort für eine große lukrative Wellness-Oase eignet. Der Bürgermeister ist bemüht, den Glanz der Fassade von Brieskau-Finkenwalde zu wahren, aber ständig passieren neue Unglücksfälle, die die glorreiche Zukunft des Ortes bedrohen.

Thomas Sabottka hat mit “Land, Luft und Leichenschmaus” einen interessanten Versuch unternommen. Die Vielzahl von Charakteren in diesem Roman hätte leicht zu großer Verwirrung beim Leser oder zu einer grauen Masse langweiliger, flacher Charaktere führen können. Glücklicherweise ist genau das Gegenteil der Fall. Die vielen unterschiedlichen Charaktere in Verbindung mit der angehm lockeren Erzählweise Sabottkas lassen den Ort sehr belebt und vielfältig erscheinen. Jeder Einwohner hat seinen Platz, seine Motive und seine eigene Geschichte, die ihn mit dem Ort verbindet, manche regelrecht dorthin kettet.

Doch immer wieder passieren dieser Tage in Brieskau-Finkenwalde unangenehme Zwischenfälle, die dem Bürgermeister und seinen Mitstreitern das Leben schwer machen, nicht wenige davon mit tödlichem Ausgang. Manche beabsichtigt, andere purer Zufall. Zwischendurch drängt sich einem die Formulierung “sie fallen wie die Fliegen” geradezu auf. Doch Thomas Sabottka schafft es, das Geschehen im Buch so fein zu verstricken, dass jede Wendung, jede noch so kleine Unwahrscheinlichkeit, einen tieferen Sinn hat und sich in den Rahmen des Buches und des Ortes wie in ein großes Puzzle perfekt einordnet. Immer wieder stößt man auf Auflösungen für Geschehnisse, die vorher nicht unmöglich, aber doch ein wenig unwahrscheinlich waren, und erkennt plötzlich die tieferen Gründe.
Durch diese Vielfalt von Handlungssträngen und Menschen gepaart mit großem erzählerischem Können saugt der Roman den Leser schnell in sein kleines brandenburgisches Universum und lässt ihn nicht mehr los.

Die Verbindung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Ortes ist in “Land, Luft & Leichenschmaus” schön verflochten. Die Vergangenheit, deren schemenhafte Bedrohung allgegenwärtig scheint, die Gegenwart, die immer neue Probleme bereithält, die die Einwohner und allen voran der Bürgermeister in Ordnung bringen müssen und die hoffnungsfrohe Zukunft des Wellness-Tempels, der die auf Hochglanz polierte Fassade erst nötig macht.

Die Geschichte endet mit einem für einen Ort in Brandenburg geradezu epischen Finale, das abseits von Hollywood-Klischees all die Handlungsstränge zu einem wohlverdienten Ende führt.

Der neue Roman von Thomas Sabottka liest sich gut und leicht. Stellenweise hält man als Leser inne und stellt fest, wie besorgniserregend möglich die Geschehnisse des Buches sind. Die Verkettung von Habsucht, Machtgier und allerlei anderen niederen Motiven, die zu den dunklen Stellen in der Geschichte Brieskau-Finkenwaldes führt, scheint nur allzu greifbar zu sein.

Alles in allem ist “Land, Luft und Leichenschmaus” eine sehr unterhaltsame Lektüre, die einen in die Abgründe der Charaktere und des beschaulichen Landlebens eintauchen lässt. Das Buch macht bis zur letzten Seite Spaß und ist durch die Bank immer wieder für Überraschungen gut.
Vielleicht gibt es ja eines Tages ein Wiedersehen mit Brieskau-Finkenwalde in einem anderen Buch. Ich würde mich sehr darüber freuen.